GRUNDGESETZ UND DIE EINHEIT DEUTSCHLANDS

Grundgesetz und die Einheit Deutschlands
 
Die Präambel des Grundgesetzes enthielt in ihrem letzten Satz ein Wiedervereinigungsgebot: »Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.« Die Einheit konnte auf zwei Wegen hergestellt werden: Nach Art. 146 hätte eine neue Verfassung ausgearbeitet werden können, die das Grundgesetz abgelöst hätte. Die andere Möglichkeit bot Art. 23. Danach konnten andere Teile Deutschlands dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten. Die schnelle Vereinigung entsprach dem Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung der DDR. Auch außenpolitische Gründe sprachen dafür, die Gelegenheit zur Herstellung der deutschen Einheit unverzüglich zu nutzen. Mit dem 3. Oktober 1990 trat das Grundgesetz in den neu gebildeten fünf Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in Ost-Berlin in Kraft.Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erforderte eine Reihe von Änderungen des Grundgesetzes. Die Präambel wurde neu gefasst, nachdem die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet war. Der Art. 23 (Beitritt anderer Teile Deutschlands) wurde aufgehoben. Die Stimmenzahl im Bundesrat (Art. 51) wurde geändert. Auch der Art. 146 wurde angepasst. Er enthält nach wie vor die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung, eine neue Verfassung auszuarbeiten. In Art. 5 des Einigungsvertrages wurde den gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands empfohlen, »sich innerhalb von zwei Jahren mit den im Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen«. Ende 1991 wurde eine gemeinsame Verfassungskommission aus 32 Abgeordneten des Bundestages und 32 Mitgliedern des Bundesrates gebildet, die im Oktober 1993 einen Abschlussbericht vorlegte. 1994 verabschiedete der Bundestag Ergänzungen und Änderungen, die 14 Artikel betrafen. Zu den wichtigsten gehören die Förderung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Männern und Frauen und das Verbot der Benachteiligung Behinderter (Art. 3), die Einfügung des Staatsziels »Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen« (Art. 20 a), die Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinden (Art. 28) sowie Änderungen der Zuständigkeiten des Bundes und der Länder bei der Gesetzgebung. Andere in der Kommission und in der Öffentlichkeit diskutierte Verfassungsänderungen, insbesondere die Einführung von Elementen direkter Demokratie (Volksbegehren, Volksentscheide, Volksabstimmungen), fanden in der Verfassungskommission nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Nach heftigen auch in der Öffentlichkeit geführten Dikussionen wurde 1993 eine einschneidende Änderung des Asylrechts, die 1996 vom Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen bestätigt wurde, vorgenommen, um den immer weiter zunehmenden Zustrom von Asylbewerbern (1988: 103 076, 1992: 438 191) zu begrenzen. Neu in das Grundgesetz eingefügt wurde der Art. 16 a. Danach ist das Asylrecht für politisch Verfolgte nach wie vor verbürgt (bisher Art. 16 Abs. 2 Satz 2). Neu ist, dass Personen, die aus »sicheren Drittstaaten« einreisen, sich nicht mehr auf das Asylrecht berufen können, ebenso wenig solche, die aus einem sicheren Herkunftsland einreisen. Hier wird unterstellt, dass politische Verfolgung nicht gegeben ist.

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