SPANIEN UND DIE RECONQUISTA: EINE GROßMACHT ENTSTEHT

Spanien und die Reconquista: Eine Großmacht entsteht
 
Das Königreich Portugal
 
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Eroberungen der christlichen Reiche auf der Iberischen Halbinsel vorläufig abgeschlossen, einzig das nasridische Granada im Süden blieb muslimisch und erlebte im 14. Jahrhundert nochmals eine Blütezeit. Das 1179 endgültig als Königreich anerkannte Portugal dürfte schon früh ein zunächst von Adelsgruppen getragenes Gefühl von Eigenständigkeit entwickelt haben. Der Versuch Johanns I. von Kastilien — des Gemahls von Beatrix, der Tochter des portugiesischen Königs Ferdinand I. —, nach dem Tod Ferdinands (1383) Nachfolgeansprüche auf den portugiesischen Thron anzumelden, scheiterten noch im gleichen Jahr an einem von Adel und Städten getragenen Aufstand gegen die landfremde Dynastie. Schließlich wählten die Cortes, die Ständevertretung, 1385 einen unehelichen Sohn Peters I., Johann I. zum König. Ihm gelang es im August des Jahres, ein kastilisches Heer seines Konkurrenten zu schlagen und seine Stellung zu sichern.Die Verhandlungen über die Beilegung der gegnerischen Ansprüche zogen sich allerdings noch Jahrzehnte hin. Noch im ausgehenden 13. Jahrhundert wurde mit dem Beginn des Flottenbaus die Basis für die atlantische Expansion Portugals gelegt.
 
 Das Königreich Kastilien
 
Als größte Territorialmacht hatte sich Kastilien etabliert, das seit 1230 definitiv mit dem Königreich León verbunden war. Gestützt unter anderem auf westgotische Traditionen konnte das Königtum hier seine dominierende Stellung trotz des Gegengewichts von Adel, Kirche und Städten sowie der Rechte der Cortes letztlich wahren. Besonders unter der Herrschaft Alfons' XI. (1312—50) stabilisierte sich das in den etwa 50 vorangegangenen Jahren von Adelsauseinandersetzungen geprägte Reich wieder. Die Hermandades, zur Interessenwahrung einzelner Gruppen entstandene ständeübergreifende Einungen, denen auch Städte angehörten, büßten nun ihren Einfluss wieder ein. Mit der Übernahme der ursprünglich arabischen alcabala, einer indirekten Sonder- beziehungsweise Handelssteuer, und ihrer Ausdehnung auf das gesamte Königreich konnte die Finanzsituation deutlich gebessert werden. Besonders belastet war der den Handel dominierende Hochadel, der aber im Gegenzug die Steuererhebung von der Krone pachten konnte. Auch die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnene Rechtsvereinheitlichung konnte mit den Ordenamiento de Alcalá 1348 zu einem Abschluss gebracht werden. Gestärkt wurde die Zentralgewalt dadurch, dass viele ältere Hochadelsgeschlechter ausstarben. Die bisher praktizierte Neutralität im Hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England gab Peter I., der Grausame, mit seiner Anlehnung an England auf; seinen Thronrivalen und Halbbruder Heinrich II. von Trastámara unterstützte Frankreich. Zwar konnte Peter 1367 mit englischer Hilfe einen deutlichen militärischen Sieg erringen, zwei Jahre später jedoch fiel die Entscheidung zugunsten der von französischen Truppen unterstützten neuen Dynastie Trastámara, die sich politisch an Alfons XI. anschloss. Die Bemühungen Johanns I. um die portugiesische Krone blieben, wie bereits erwähnt, erfolglos.
 
Den Consejo Real ordnete man 1385 neu als ständige Zentralbehörde; die Audiencia als oberster Gerichtshof wurde zwei Jahre später installiert, und die Finanzverwaltung wurde modernisiert, alles Maßnahmen unter Einbeziehung der Cortes, die in der außenpolitischen Krise an Gewicht gewannen. Gegen Ende des Jahrhunderts rückte der Hofadel in den politischen Mittelpunkt. Eine gegenläufige Tendenz zeigt das 15. Jahrhundert. Als Heinrich III. bei seinem Tod 1406 einen einjährigen Sohn, Johann II., hinterließ, begann eine Zeit zunehmender Krisen, in der die differierenden Interessen des Adels das Königreich beherrschten. In dem immer stärker innerlich zerrissenen Reich brach schließlich 1464 der Bürgerkrieg aus.
 
 Das Königreich Aragonien
 
Gänzlich anders waren die Voraussetzungen im Königtum Aragonien. Barcelona beziehungsweise Katalonien und Aragonien waren zunächst nur durch die Person des Herrschers verbunden; daraus erwuchs aber bald mehr als eine reine Personalunion. Die Cortes — seit 1283 mussten sie, ohne dass dies wirklich eingehalten wurde, regelmäßig einberufen werden — tagten normalerweise getrennt. Eine eigenständige Rolle behielt auch Valencia nach der Eroberung von 1238. Jedoch beschränkte sich die Funktion der Cortes seit der Mitte des 14. Jahrhunderts weitgehend auf Petitionen und das stets wichtige und an Bedeutung zunehmende Bewilligungsrecht für Sondersteuern. Abgaben hatten auch die hinzugekommenen, für den Mittelmeerhandel wichtigen Balearen mit Mallorca zu entrichten wie auch das 1325 endgültig eroberte Sardinien und Sizilien. Die Cortes spiegelten unterschiedliche ökonomische Strukturen und differierende Grade der Urbanisation wider; die Städte konnten nur in Katalonien und Valencia Bedeutung erlangen. Ungeachtet der Auseinandersetzungen des Königtums mit dem Adel im Inneren führte die expansive Außenpolitik dazu, dass die Stände nicht geschwächt wurden, da sie stets die benötigten Mittel bewilligen mussten.
 
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verschärften die Kämpfe mit Kastilien die ökonomische Krise, dazu gingen im Mittelmeer kleinere Herrschaftsbereiche verloren. Als 1410 Martin I. sowohl erbenlos als auch ohne eindeutiges Testament starb, setzten die Cortes unter der Führung Aragoniens 1412 im Kompromiss von Caspe mit Ferdinand I., der der vorigen Dynastie mütterlicherseits verwandt war und zudem Favorit des aus Aragonien stammenden avignonesischen Papstes Benedikt XIII. war, ein Mitglied der bereits in Kastilien regierenden Familie Trastámara durch. Als kritisch erwiesen sich bald die Versuche des neuen Herrschers und dann seines Sohnes Alfons V., den Einfluss der Cortes zu beschnei- den beziehungsweise ohne diese zu regieren. Alfons, gleichzeitig König von Sizilien — in Katalonien amtierten als Statthalter zunächst seine Frau, schließlich 1452 sein Bruder Johann (II.), der bereits seit 1425 Aragonien und Valencia regierte —, setzte erneut auf Expansion nach außen, während der Monarch im Inneren unfreie Bauern und die Handwerker Barcelonas gegen Adel und Patriziat unterstützte. Johann II. folgte seinem Bruder 1458 und führte dessen Politik fort. Da er seinem Sohn, Karl von Viana, den Thron von Navarra versperrte, geriet er in einen schweren Konflikt mit den Ständen. Wegen Johanns II. autoritärer Haltung gegenüber den katalanischen Ständen kam es 1462 bis 1472 zu einem blutigen Bürgerkrieg, an dessen Ende er die tradierten Rechte der Cortes anerkennen musste. Als entscheidender, wenngleich so nicht geplanter Schritt für die zukünftige Entwicklung sollte sich die Heirat des aragonesischen Thronfolgers Ferdinand mit der Prinzessin und Thronerbin Isabella I. von Kastilien 1469 erweisen.
 
 Das Königreich Navarra
 
Anders als die drei bisher behandelten Reiche war das kleine Königreich Navarra seit Ende des 13. Jahrhunderts von den französischen Kapetingern mitregiert worden. 1328 etablierte sich mit den Évreux, einer kapetingischen Seitenlinie, eine eigene Dynastie. Das Königreich mischte intensiv in den Konflikten der Iberischen Halbinsel wie auch in Frankreich mit. Navarresische Söldnertruppen nahmen äußerst aktiv an den Auseinandersetzungen zwischen katalanisch-aragonesischen Prätendenten und den Anjou in Südosteuropa teil. Seit 1425 — den Thron hatte die mit dem aragonesischen Infanten Johann (II.) verheiratete Blanka, Tochter Karls III. inne — war die Lage des Reichs instabil. Es entwickelten sich lange innere Kämpfe zwischen den führenden Familien einerseits, Johann II. und seinem Sohn Karl von Viana andererseits, bevor nach dem Tod Karls 1461 die Thronansprüche an seine Schwester Eleonore, mit Gaston de Foix verheiratet, fielen und Navarra unter französischen Einfluss geriet. Die Unabhängigkeit sollte nun nicht mehr lange gesichert werden können, der Druck Frankreichs und Kastilien-Aragoniens sollte sich als übermächtig erweisen.
 
 Der Beginn der Einigung der Halbinsel
 
Nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden können die inneren Kämpfe in Kastilien und Aragonien, die zudem rasch internationale Dimensionen erlangten. Die Kapitulation des seit dem 14. Jahrhundert immer wieder von wirtschaftlichen Krisen getroffenen Barcelona beendete 1472 die Kriege in Aragonien mit einem Sieg des Königs. Die bestehenden Rechte blieben jedoch fast vollständig erhalten, und den Aufständischen wurde Straffreiheit zugesichert. Der Widerstand von Teilen des Adels gegen den kastilischen Herrscher Heinrich IV. führte 1465 zur Krönung von Alfons XII. als Gegenkönig, der aber bis zu seinem Tod drei Jahre später die Macht nicht erlangen konnte. Schließlich einigten sich die Parteien 1468 auf die Erbfolge Isabellas, der Schwester Heinrichs, deren Heirat nun zu einem politisch brisanten Thema wurde. Isabella musste sich verpflichten, für ihre Hochzeit das Einverständnis ihres Bruders einzuholen, der sie wiederum nicht gegen ihren Willen verheiraten durfte. Dennoch entschloss sich Isabella entgegen den Absichten ihres Bruders zur Hochzeit mit Ferdinand II. von Aragonien, die 1469 in kleinem Kreis und weitgehend geheim in Valladolid vollzogen wurde; der wegen zu enger Verwandtschaft notwendige päpstliche Dispens (Ausnahmegenehmigung) wurde gefälscht. Heinrich versuchte noch mal, seine Tochter Johanna la Beltraneja als Thronerbin durchzusetzen, erkannte aber schließlich Isabella wieder an. Nach Heinrichs Tod im Dezember 1474 rief man die politisch energische Isabella I. zur Königin aus, während ihr Gemahl Ferdinand II. sich mit einer formal schwächeren Stellung in Kastilien begnügen musste. Nachdem sich Johanna mit Alfons V. von Portugal verlobt hatte, griff dieser in den ausbrechenden Erbfolgekrieg ein. Ein Vertrag zwischen Alfons und dem französischen König über ein gemeinsames Vorgehen erwies sich als folgenlos, zumal nach dem Tod des Burgunderherzogs Karl des Kühnen 1477 die französischen Kräfte auf die dortigen Auseinandersetzungen konzentriert waren. Nach dem Scheitern der portugiesischen Interventionen einigte man sich in den Verträgen von Alcáçovas 1479 auf die gegenseitige territoriale Integrität und die Abgrenzung der Interessensphären im Atlantik; Portugal bekam dabei wirtschaftliche Vorteile für den Verzicht auf Erbansprüche zugesprochen. Die Matrimonialunion von Kastilien und Aragonien wurde im Todesjahr Johanns II. von Aragonien 1479 Realität, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits von einem geeinigten Spanien gesprochen werden kann; Kastilien war politisch und ökonomisch deutlich gewichtiger. Nach wie vor blieb die Herrschaftsausübung in Kastilien ambulant. Wichtigste zentrale Behörde blieb der Consejo Real, der königliche Rat, der gleichzeitig als oberstes Justiztribunal fungierte. Das oberste Appellationsgericht war seit 1475 in Valladolid ansässig, während eine mittlere Verwaltungsebene nur rudimentär existierte. Mit der zunehmenden Bürokratisierung gerieten auch hohe Amtsträger in eine stärkere Abhängigkeit von Bestimmungen und damit auch vom König. Dem Ziel der inneren Befriedung diente die Neuschaffung der Santa Hermandad als nunmehr auf die Monarchen ausgerichtete und primär der Sicherung des Landfriedens dienende Einung. Der Widerstand der Städte, die ihre Position gefährdet sahen, gegen diese zentrale Institution nahm aber rasch zu, ohne jedoch eine Auflösung vor 1498 durchsetzen zu können.
 
Dagegen blieben die Verhältnisse im Königreich Aragonien wesentlich stärker von den überkommenen Formen geprägt. Die Herrscher besaßen wegen der Stellung der Stände und weitgehenden rechtlichen Fixierung von Kompetenzen nur wenig Gestaltungsspielraum, auch wenn die Cortes immer weniger die Gesamtinteressen vertraten. Einwirkungsmöglichkeiten der Stände boten zunächst Verhandlungen über die in den inneren Kämpfen von den verschiedenen Gruppen besetzten Gebiete; die jeweiligen Ansprüche mussten ausgeglichen werden. Auch gelang es Ferdinand II. in der nordkatalanischen Frage der remensa, dem Problem der Schollengebundenheit der Bauern, deren Aufstand 1484 niedergeschlagen worden war, als Schiedsinstanz anerkannt zu werden: Nach dem Kompromiss von 1486 konnten die Bauern die Verpflichtungen gegen die Zahlung hoher Summen ablösen. Im Übrigen blieb allerdings die Sozialstruktur unangetastet, bäuerliche Besitzverhältnisse verschlechterten sich eher noch.
 
Durch die Besetzung der Großmeisterstühle in den drei großen Ritterorden von Santiago, Calatrava und Alcántara mit Ferdinand II. selbst zwischen 1485 und 1497 konnten diese bisher weitgehend autonomen Instanzen in den »Staat« eingebunden und deren Einnahmen für die Krone nutzbar gemacht werden, zumal der Papst diese Stellung schließlich den kastilischen Herrschern dauerhaft einräumte. Auch in den Ländern der Krone Aragoniens installierte Ferdinand das Vizekönigtum zur Ausübung der Kronrechte. Im Gegenzug residierte ein mehrheitlich aus Mitgliedern der Cortes gebildeter Consejo de Aragón zumeist in Kastilien, dem bevorzugten Aufenthaltsort Ferdinands II.
 
 Das Ende der Reconquista und der Beginn der Inquisition
 
Parallel zur Stärkung der Zentralmacht konnte die Reconquista, die Rückeroberung der von den Mauren besetzten Iberischen Halbinsel durch christliche Heere, abgeschlossen werden. Zwar eroberte der Herrscher Granadas 1481 überraschend das kastilische Zahara, doch bereits im nächsten Jahr nahm der Marqués von Cádiz Alhama ein; das strategisch bedeutsame Gibraltar war bereits 1462 definitiv für Kastilien gewonnen worden. Trotz der inneren Zerrissenheit Granadas — auch angesichts der drohenden Gefahr stellte man die Kämpfe zwischen den Parteien nicht ein — und trotz der militärischen Überlegenheit dauerte es noch zehn Jahre, bevor 1492 die Eroberung Granadas die jahrhundertelange muslimische Präsenz auf der Iberischen Halbinsel beendete.
 
Eine wichtige Rolle in der Innenpolitik der Katholischen Könige — dies ein vom Papst als Reaktion auf die Gewinnung Granadas verliehener Ehrentitel für Isabella und Ferdinand — spielte die Kirchenpolitik: 1478 hatte Papst Sixtus IV. den spanischen Königen eine eigene Inquisition zugestanden, die als einzige Zentralbehörde beide Landesteile umfasste und das Bild Spaniens in der frühen Neuzeit nachhaltig verdunkeln sollte. Nach anfänglicher Vorsicht begannen 1481 Verfolgungen in großem Rahmen, die sich besonders gegen getaufte Juden richteten. Die Position der Juden allgemein hatte sich seit dem 14. Jahrhundert drastisch verschlechtert, und nach dem Pogrom von 1391 wiederholten sich derartige Ausschreitungen. 1492 schließlich wurden die noch verbliebenen Juden aufgefordert, den christlichen Glauben anzunehmen oder das Land zu verlassen, was sich auf die ökonomische Entwicklung hemmend auswirken sollte. Zur Jahrhundertwende änderte sich dann auch das Verhalten gegenüber der muslimischen Bevölkerung in Kastilien grundlegend. Diese wurde trotz der bei der Eroberung Granadas erlangten Zugeständnisse vor die Wahl der Vertreibung oder der Konversion gestellt, was zu Aufständen führte, die letztlich niedergeschlagen wurden. Gerade die Konvertiten blieben zudem bevorzugtes Opfer der Inquisition. Mit diesen Maßnahmen war zumindest vordergründig die religiöse Einheit des Landes hergestellt. Innerkirchlich trieb man Reformen energisch voran, mit denen vor allem die Bildung des Klerus verbessert werden sollte, zum anderen aber auch zu weltliche Tendenzen des Klosterlebens beseitigt wurden. Als besonders problematisch erwies sich die Beschneidung kirchlicher Immunitäten und weiterer Vorrechte der Kleriker sowie die Eingrenzung der kirchlichen Gerichtsbarkeit, der mit dem Recurso de Fuerza eine weltliche Appellationsinstanz quasi übergeordnet wurde.
 
Gegen Ende des Jahrhunderts lässt sich auch in den katalanischen Handelsstädten ein ökonomischer Wiederaufschwung erkennen, wohl zum Teil ermöglicht durch eine Wirtschaftspolitik, die merkantilistische (den Außenhandel fördernde) Maßnahmen vorwegnahm. Die folgenden Jahrzehnte prägten das zunächst wohl freiwillige Fernbleiben Aragoniens vom Atlantikhandel und die Betonung der traditionellen Mittelmeerbindungen, die es den kastilischen Städten ermöglichte, ihre Vormachtstellung im Handel mit den Überseebesitzungen auch gesetzlich festzuschreiben. Gefördert wurde die in Nordspanien typische Transhumanz der Schafherden, eine halbnomadische Fernweidewirtschaft — Wolle war das wichtigste Exportgut — zulasten der Ackerbau treibenden Bauern.
 
Die beginnende Eroberung Süd- und Mittelamerikas — von Beginn an im Namen Kastiliens — hatte zur Zeit der Katholischen Könige noch kaum wirtschaftliche Auswirkungen, während sich der vorwiegend portugiesische Handel mit der Atlantikküste Afrikas und den vorgelagerten Inseln, dessen Unternehmungen immerhin finanziell von der Krone unterstützt wurden, im Verlauf des Jahrhunderts deutlich intensiviert hatte. Die Kanarischen Inseln waren Kastilien bereits 1479 von Portugal zugestanden worden, und 1494 teilte man sich unter Vermittlung des Papstes in Tordesillas den Atlantik in Nord-Süd-Richtung mitsamt den angrenzenden, nur teilweise bekannten Gebieten. Vorausgegangen waren Ansprüche Portugals auf die unentdeckten Länder nach der Rückkehr von Kolumbus.
 
 Die Habsburger als Erben
 
Als letztlich nicht planbar erwiesen sich wieder einmal familien- beziehungsweise dynastiepolitische Absichten, die schließlich zur ungewollten habsburgischen Thronfolge führten. 1496 sollte die Heirat zwischen Erbprinzessin Isabella, der ältesten Tochter der Katholischen Könige, und dem portugiesischen König Emanuel I. die politische Lage auf der Halbinsel weiter stabilisieren. Nach Isabellas schnellem Tod — ihr Sohn Miguel wäre Erbe in Portugal, Aragonien und Kastilien geworden, starb aber zweijährig — folgte mit Maria eine weitere Tochter der Katholischen Könige als portugiesische Königin.
 
Die Doppelhochzeit zwischen dem Habsburger Philipp dem Schönen und Johanna der Wahnsinnigen einerseits, Margarete von Österreich und dem spanischen Thronfolger Don Juan andererseits war deutlich von der gemeinsamen antifranzösischen Politik bestimmt. Juan starb einige Monte später, und nach dem erwähnten Tod Miguels wäre Johanna Thronerbin gewesen, bei der sich Zeichen einer Geisteskrankheit mehrten und die seit 1502 regierungsunfähig war. Verkompliziert wurde die Lage durch die Anlehnung Philipps an Frankreich, der dadurch auch innenpolitisch schwer durchsetzbar wurde. Dagegen wurde der Erwerb Neapels gegen französische Ansprüche 1503 militärisch gesichert. Vor ihrem Tod 1504 setzte Isabella die Katholische ihren von den Städten unterstützten Gemahl Ferdinand als Regenten für ihre Tochter Johanna in Kastilien ein, während der Adel Philipp favorisierte. Ferdinand suchte und erreichte den Ausgleich mit Frankreich, ohne Philipp isolieren zu können. Vor der drohenden Gefahr eines Bürgerkriegs verzichtete Ferdinand schließlich 1506 auf Kastilien, konnte aber nach dem Tod Philipps noch im gleichen Jahr die Regentschaft wieder antreten. Nach außen trat die nordafrikanische Küste vorübergehend wieder in den Vordergrund, wo, wenn auch teilweise nur kurzfristig, Gebiete erworben werden konnten. Ferdinand rückte wieder von Frankreich ab, um Interessen in Italien durchsetzen zu können; erstes Ergebnis war aber 1512 die Besetzung des südlichen Teils von Navarra, dessen Herrscher auf der französischen Seite stand und das in Kastilien aufging. Zu seinem Nachfolger in seiner Funktion als Regent für Johanna in ganz Spanien bestimmte Ferdinand trotz Bedenken seinen Enkel Karl (als Kaiser Karl V.). Dieser ließ sich 1516 in Brüssel zum kastilischen König krönen, konnte seine Stellung aber insbesondere erst nach dem 1522 niedergeschlagenen Aufstand der Comuneros, der sich gegen die von Karl von den spanischen Städten geforderten Abgaben richtete, sichern.
 
Prof. Dr. Ulf Dirlmeier und Dr. Bernd Fuhrmann,
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
spanisches Weltreich: Das Reich, in dem die Sonne nicht untergeht
 
Spaniens Hegemonie im 16. und 17. Jahrhundert: Katholische Vormacht
 
Literatur:
 
Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, bearbeitet von Walther L. Bernecker und Horst Pietschmann. Stuttgart u. a. 21997.
 Heine, Hartmut: Geschichte Spaniens in der frühen Neuzeit, 1400-1800. München 1984.
 Vones, Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter (711-1480). Sigmaringen 1993.

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